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Alltagsbewältigung

Alle in „Alltagsbewältigung“ enthaltene Texte wurden verfasst von Christine Göring, Sozialarbeiterin (B.A.) und Kathrin Wersing, Dipl.-Sozialarbeiterin vom Bundesverband Kinderrheuma e.V. (Stand: März 2017)

Wie geht es zu Hause weiter?

Plötzlich steht die Diagnose Rheuma im Raum und Eltern und Kinder sehen sich vor einem Berg von Fragen, Sorgen und Ängsten.

• Was kommt auf uns zu?
• Wie wird die Familie damit klar kommen?
• Wie sollen wir das in der Schule erklären?
• Wie viel Zeit und Geld müssen wir dafür aufbringen?
• Wie sieht die Zukunft aus?
• Bleibt mein Traumberuf nur noch ein Traum?

Familien, in denen ein Kind von einer chronisch rheumatischen Erkrankung betroffen ist, kennen diese oder ähnliche Fragen. Die Mitteilung der Diagnose ist für die meisten anfangs ein Schockerlebnis. Einige Familien haben schon eine Odyssee von Arzt zu Arzt hinter sich, bevor sie an ein kinderrheumatologisches Zentrum überwiesen werden. Die Zeit der Ungewissheit ist mit der Diagnosestellung vorbei. Zum einen ist es eine Erleichterung, aber zum anderen wirft es auch neue Fragen und Probleme auf.

Rheuma betrifft immer die ganze Familie

Wenn der Klinikaufenthalt vorüber ist, müssen die Familien den Alltag daheim allein bewältigen. Das ist häufig alles andere als leicht, denn viele neue Aufgaben und Belastungen gilt es für alle Familienmitglieder zu meistern.

Die betroffenen Kinder

müssen auf einmal mit vielen Untersuchungen, Therapien, Medikamenten klar kommen. Viele bisher selbstverständliche Aktivitäten, wie Toben, Sport und lieb gewonnene Hobbys sind auf einmal eingeschränkt oder untersagt.

Eltern

müssen sich damit auseinandersetzen, dass ihr Kind chronisch krank ist. Sie müssen vermehrt Zeit für das kranke Kind aufbringen, mit oftmals großen Sorgen und Ängsten umgehen lernen. Für andere Familienmitglieder, Freunde und Eigenaktivitäten bleibt weniger Raum.

Geschwisterkinder

fühlen sich häufig zurückgesetzt hinter dem kranken Kind und berichten über geringere Zuwendung seitens der Eltern und das Gefühl immer Rücksicht nehmen zu müssen.

Daraus wird ersichtlich, dass Rheuma immer die ganze Familie betrifft. Auch wenn nur ein Familienmitglied erkrankt ist, so ändern sich doch Lebensgewohnheiten für alle. Das Familienleben muss erst einmal neu geordnet werden, um wieder eine Balance zu finden.
Schulungen, Gesprächsrunden und Austausch im Rahmen der Selbsthilfe sind dabei eine wichtige Unterstützung für die Familien auf dem Weg zu einer guten Bewältigung des Alltags.

Selbsthilfe

Für viele, die von einer chronischen Erkrankung neu betroffenen sind, ergeben sich eine Fülle von Problemen. Vorrangig stellen sich meist Fragen nach der Krankheit überhaupt:
  • Welche Ursachen haben zu der Krankheit geführt?
  • Welche Therapiemöglichkeiten gibt es?
  • Mit welchen Nebenwirkungen ist zu rechnen?
  • Wie entwickelt sich die Krankheit?
  • Welche Auswirkungen hat die Krankheit auf das private und schulische Leben?
  • Bekommt man die Krankheit überhaupt in den Griff?
  • Welche langfristigen Perspektiven gibt es?

All diese Fragen wollen beantwortet werden. Erste Ansprechpartner sind dabei sicherlich die Ärzte, Schwestern, Physiotherapeuten etc. Weitere Informationsquellen sind das Internet, die Fachliteratur sowie Broschüren oder Zeitschriften.

Darüber hinaus profitieren viele betroffene Familien durch den Kontakt mit anderen Betroffenen. Menschen, die bereit sind, ihre Erfahrungen, Gefühle und Erkenntnisse mitzuteilen und auszutauschen, organisieren sich vielfach in Selbsthilfegruppen, wie im Falle Kinderrheuma zum Beispiel im Bundesverband Kinderrheuma e.V.

Selbsthilfegruppen sind mittlerweile in allen Bereichen des gesundheitlichen und sozialen Lebens anzutreffen. Es schließen sich Menschen darin zusammen, die ein gemeinsames Thema verbindet, die unter der gleichen Krankheit oder Behinderung leiden oder als Angehörige mit diesen Problemen konfrontiert sind.

Die Mitgliedschaft in einer Selbsthilfegruppe ermöglicht das Zusammentreffen mit Menschen, die das gleiche Schicksal teilen und mit denen gemeinsam die manchmal schwere Bürde getragen werden kann. Die Probleme erscheinen in einem anderen Licht, wenn die Sorgen und Nöten mit anderen, ebenfalls Betroffenen, geteilt werden können. Da jede Form der Erkrankung, für den Betroffenen selbst schwer genug ist, ist es entscheidend, dass man offen über seine eigenen Gefühle, Hoffnungen und Ängste reden kann oder gar Schwäche und Hilflosigkeit zeigen kann, ohne dass man etwa verlacht und zurückgewiesen wird.

Da die Selbsthilfegruppen oft Veranstaltungen anbieten, an denen die Krankheit mal nicht Thema ist, wo man auch einfach mal lachen kann, wird mit dazu beigetragen, dass die Freude am Leben nicht zu kurz kommt. Dies kann ein wertvoller Beitrag zu einer wirksamen Therapie sein.

Auch zur Problemlösung im politischen Bereich können Selbsthilfegruppen einen maßgeblichen Beitrag leisten. So können sie eine Lobbyfunktion wahrnehmen und damit auf Defizite im Gesundheitssystem aufmerksam machen. Die Arbeit von Selbsthilfegruppen führt langfristig auch zu kostenreduzierenden Wirkungen, indem die Mitglieder als kritische Konsumenten oft zu einer gezielten Nutzung des Gesundheitssystems, z.B. durch den Gebrauch von weniger Medikamenten tendieren.

Viele Selbsthilfegruppen sind aus einer Initiative einzelner Mitglieder entstanden. Die meisten dieser Gruppen würde es sicher nicht mehr geben, wenn sie keine Unterstützung von außen erhalten hätten. Hierbei sind sicherlich in erster Linie die Spender zu nennen. Allein von Mitgliedsbeiträgen kann sich eine Selbsthilfegruppe nicht halten.

Die Selbsthilfegruppen sind auch auf anderweitige Unterstützung angewiesen, etwa in Form von Gewährung fachlicher Ratschläge bis hin zur Bereitstellung von Räumen und Informationsmaterial etc. Alles in allem sind Selbsthilfegruppen für viele Menschen ein wichtiger Baustein für eine gute Krankheitsbewältigung.

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