Welche Ausbildung machst du zurzeit?
Ich bin im 1. Jahr meiner schulischen Ausbildung zur Erzieherin.
Wie war dein bisheriger „Werdegang“?
Ich habe zunächst einen Realschulabschluss gemacht, dann bin ich zur einjährigen Pflegeschule gegangen, weil ich eigentlich Kinderkrankenschwester werden wollte. Nach der Rheuma-Diagnose, die ich mit 16 1/2 Jahren bekomme habe, musste ich mich umorientieren. Ein Job im Büro sollte es werden, woraufhin ich dann die einjährige Handelsschule besucht habe. Leider musste ich feststellen, dass das gar nichts für mich war!! Und weil ich schon immer was mit Menschen machen wollte, habe ich dann die Erzieherausbildung angefangen.
Welchen Schulabschluss braucht man für deine Ausbildung?
Bei uns in Niedersachsen braucht man einen Realschulabschluss oder einen Hauptschulabschluss mit zweijähriger Berufserfahrung.
Wie lange dauert die Ausbildung?
Vier Jahre dauert die Ausbildung insgesamt, wobei das 2. Ausbildungsjahr ein praktisches Jahr, z.B. im Kindergarten ist. Man hat dann zwei Tage Schule und drei Tage Praktikum. In jedem Schuljahr habe ich ein 9wöchiges Praktikum.
Wo kann man diese Ausbildung machen?
Man kann die Ausbildung an privaten oder staatlichen Schulen machen. Ich bin an einer privaten, was den Nachteil hat, dass mehr Kosten anfallen (Schulgeld). Der Vorteil aber ist, dass es an der Schule sehr familiär ist, dass wir viele Angebote im schulischen Alltag (z.B. Ausflüge) haben. Und, wie ich gehört habe, haben die Abgänger meiner Schule gute Berufseinstiegschancen bei Arbeitgebern nach der Ausbildung.
Welche Voraussetzungen braucht man für diesen Beruf?
Man muss gern mit Menschen umgehen, im speziellen natürlich mit Kindern. Man muss offen sein, sich auf die Kinder einlassen, gerne im Team arbeiten, Geduld und noch mehr Geduld mitbringen. (Das musst ich zugegebenermaßen noch ein bisschen lernen).
Im Allgemeinen ist das persönliche Arbeits- und Sozialverhalten wichtiger als eine 1 in Chemie oder Mathe. Wichtig ist aber auch: Man muss nicht alles von Anfang an können, dafür macht man auch die Ausbildung und lernt es!
Ich bin etwas älter als meine meisten Mitschüler, daher denke ich, dass ich etwas mehr Erfahrung mitbringe.
Gab es für dich Alternativen? Z.B. anderer Berufe falls es mit der Ausbildungsstelle nicht klappt?
Eventuell hätte mich auch Berufe im Bereich Therapie oder Medizin, z.B. Ergotherapie interessiert.
Wie bist du mit deiner Erkrankung im Vorstellungsgespräch umgegangen?
An der Schule musste ich mich ganz normal bewerben, u.a. mit handschriftlichem Lebenslauf, auch mit polizeilichem Führungszeugnis etc. In meiner schriftlichen Bewerbung habe ich noch nichts von meiner Erkrankung erwähnt.
Als ich angenommen wurde, habe ich einen Brief über mich geschrieben, in dem stand, welche Erkrankung ich genau habe, welche Therapien ich machen muss, welche Medikamente ich nehme, welche Nebenwirkungen auftreten können, wie es mir jetzt geht, und dass ich evtl. in Zukunft Dinge nicht oder nicht so gut machen kann. Diesen Brief habe ich bei der Schulleitung abgegeben. Das kam total gut an. Der Fachleiter für den Bereich „Erziehung“ hat nochmal mit mir persönlich gesprochen. Ihn hat die Erkrankung interessiert und wir haben gemeinsam überlegt, wie ich mit krankheitsbedingten Fehlzeiten umgehen kann oder was ich tun kann, falls ich mal eine Prüfung nicht mitschreiben kann. Kurzum: Ich kann mich jederzeit melden wenn es Schwierigkeiten gibt und wir suchen gemeinsam nach einer Lösung.
Auch meine Mitschüler habe ich mit einer Power-Point-Präsentation aufgeklärt. Bei einigen kam das total gut an, manche haben komisch und skeptisch reagiert. Ich glaube das liegt daran dass man mir meine Erkrankung/ Schmerzen/ Beschwerden nicht ansieht.
Wie sieht dein Schulalltag aus?
Um 6.30 Uhr stehe ich auf, denn um 7.45 Uhr ist Schulbeginn. Ich wohne nahe der Schule in einer WG, sodass der Weg dahin nicht so weit ist. Dann arbeitet unsere Schule mit Modulen, die je 3 Schulstunden dauern. Pro Tag haben wir ca. 2-3 Module. Ein Modul ist z.B. „Sprache und Sprachentwicklung“, wo es um Bilderbuchbetrachtung, Fingerspiele, Gedichte geht, die wir kennenlernen und umsetzen. Typische Erziehersachen halt. „Körperbewegung und Gesundheit“ ist ein weiteres Modul, wo es um Bewegung, Ernährung und Krankheit/ Gesundheit geht.
Schulende ist meist gegen 12.50 Uhr oder um 16.00 Uhr. Danach ist natürlich noch Lernen oder Gruppenarbeit oder Kinder-Angebote ausarbeiten angesagt.
Meine Termine und Therapien bekomme ich mit der Ausbildung gut unter einen Hut.
Was magst du besonders an dem Beruf?
Ich mag den Kontakt mit Kindern, Kindern was beibringen, spielen, mit ihnen umgehen, Regeln vorgeben und einhalten, „erziehen“, kurz: Sie auf das Leben und auf die große weite Welt vorbereiten!
Außerdem kann man in sooo vielen Bereichen arbeiten und auch das aktuelle Thema Inklusion ist spannend.
Gibt es etwas was dir nicht so gut an dem Beruf gefällt?
Eigentlich nichts, außer wenn die Kids eine Erkältung anschleppen oder wenn sie ihre bockige Phase haben.
Hast du vorher Praktika gemacht?
Ehrlich gesagt nein, nur bei einem „Girls Day“ habe ich mal reingeschnuppert. Aber seit ich 12 Jahre alt bin habe ich als Kindermädchen gearbeitet und da Erfahrungen gesammelt.
Wo kannst du später nach der Ausbildung arbeiten?
Man kann in Krippen, im Kindergarten (z.B. auch in Sprachheilkindergärten, heilpädagogische Einrichtungen), in Grundschulen, Heimen etc. arbeiten.
Wo hast du dich über diese Ausbildung informiert?
Ich war bei der Arbeitsagentur und auch im Internet habe ich viel gelesen. Ich habe auch mit Erzieherinnen gesprochen, die mich bestärkt haben, dass ich das machen sollte!
Hatte deine Erkrankung Einfluss auf deiner Studien-/ Berufswahl? Falls ja, welche Punkte sollte man bei der Berufswahl bedenken?
Bei Schüben mache ich mir schon Sorgen, ob das alles so klappt, wie ich mir das vorstelle. Aber da ich aber keine großen Gelenke betroffen habe (bei mir sind es die Finger- und Handgelenke) kann ich mit den Kleinen auch auf dem Boden rumkrabbeln und auf den Mini-Stühlen sitzen.
Hast du Tipps für junge Leute, dies sich für den Beruf interessieren?
Hilfreich ist, wenn man die o.g. Fähigkeiten mitbringt. Zudem sind Vorerfahrungen sehr nützlich, also ruhig früh mit Babysitten anfangen!
Wer sich sehr unsicher ist, sollte einen Test bei der Agentur für Arbeit machen. Ich war bei der dortigen Reha-Beratung, wurde also vom Amtsarzt untersucht und durch einen Sachbearbeiter beraten. Deren Einschätzung war, dass ich den Beruf der Erzieherin mit meiner Erkrankung gut machen kann. Das bestätigte nochmal mein Gefühl!